Zugang zur Gesundheitsversorgung für Menschen ohne Versicherungsschutz
Seit der Öffnung des Arbeitsmarktes innerhalb der Europäischen Union sind Hunderttausende Migrantinnen und Migranten aus Osteuropa nach Deutschland gekommen. Manche von ihnen verdienen so wenig, dass sie sich eine Krankenversicherung nicht leisten können.
Ärzte der Welt bietet mit kostenloser medizinischer Versorgung in mehreren Städten Deutschlands Hilfe an. In Hamburg gemeinsam mit dem Kooperationspartner
hoffnungsorte hamburg.
(Foto: Bente Stachowske)Überdurchschnittlich oft sind Menschen aus Osteuropa – vor allem aus Bulgarien – im Niedriglohnsektor tätig. Sie arbeiten im Baugewerbe und in der Gebäudereinigung, sie pflücken Erdbeeren oder sind in der Schlacht- und Fleischverarbeitung beschäftigt.
Für diese Menschen ist es besonders schwer, eine sozialversicherungspflichtige Anstellung zu finden. Daher weichen viele in die Selbstständigkeit aus und verdienen dabei so wenig, dass sie sich eine Krankenversicherung nicht leisten können:
"Im Krankheitsfall eine Katastrophe."
Hamburg Westend
In unserer Anlaufstelle im Hamburger Stadtteil Westend behandeln wir vor allem Migrantinnen und Migranten ohne Krankenversicherung - kostenlos und auf Wunsch anonym.
(Foto: Bente Stachowske)Es gibt eine allgemeinmedizinische Sprechstunde und spezielle Angebote für Frauen und Kinder. Etwa 80 Prozent der Patient(inn)en kommen aus Osteuropa, viele leben in prekären Verhältnissen.
Damit alle bedarfsgerecht versorgt werden können, arbeiten wir eng mit etwa 50 Arztpraxen, Krankenhäusern, sozialen Einrichtungen und Apotheken zusammen.
Zwei Ärzte, eine Ärztin und die Assistentinnen arbeiten ehrenamtlich für Ärzte der Welt.
Die Dolmetscherinnen werden durch Spendengelder finanziert. Eine hauptamtliche Leiterin koordiniert das Projekt.
Ein Beispielfall aus unserer Praxis:
Elena T., 51 Jahre:
„Vor zwei Jahren hat mich ein Jugendlicher ins Gesicht geschlagen. Ich hatte einen Mittelgesichtsbruch und musste notoperiert werden. Eigentlich bin ich zum Erdbeerpflücken hierhergekommen, aber diese Arbeit kann ich jetzt nicht mehr machen. Ich war zwar krankenversichert, konnte die Beiträge aber nicht mehr bezahlen. Eine Bekannte wollte mir eine Niere abkaufen. Von dem Geld wollte ich meine Schulden bei der Krankenkasse bezahlen. Aber meine Niere habe ich dann doch nicht verkauft. Die Leute vom Projekt haben mich zu einer Schuldnerberatung geschickt.
Seit ich in Deutschland bin, bin ich immer schlecht behandelt worden. Das erste Mal, dass mich jemand wie ein Mensch behandelt hat, war hier bei euch. 2016 bekam mein Mann einen Schlaganfall. Er ist halbseitig gelähmt und braucht einen Rollstuhl. Den haben wir gespendet bekommen. Jetzt kann er auch mal die Wohnung verlassen.“